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ASB-Wünschewagen

Eine berührende letzte Reise

Der letzte Ausflug mit dem Wünschewagen ist ein emotionales Erlebnis für Sterbenskranke und die ehrenamtlichen Begleiter, die sich als qualifizierte Kräfte während der Fahrt im Spezialfahrzeug um sie kümmern.

Manuela Nedjari (v.l.), Hospizlerin Hildegard Vogelsang und Björn Klein ermöglichen dem 90-jährigen Klaus-Dieter Jordt mit dem ASB-Wünschewagen einen letzten Ausflug: nach Glücksburg ans Grab der Eltern.

Foto: Frank Thomas Koch

„Ich bin mein ganzes Leben mit meinen Eltern gut ausgekommen“, sagt Klaus-Dieter Jordt mit zitternder Stimme gegen Ende des Telefonats. Er kann seine Tränen kaum zurückhalten, so sehr berührt den sterbenskranken Mann allein schon der Gedanke an seinen letzten Ausflug, den Hospizlerin Hildegard Vogelsang für ihn arrangiert hat. Der Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Bremen hat den Krebspatienten nach Glücksburg gefahren – und dem 90-Jährigen damit einen Herzenswunsch erfüllt: Noch einmal das Grab der Eltern besuchen. 

„Ich wollte schon vor Jahren dorthin“, bekennt Klaus-Dieter Jordt. „Ich bin so froh, dass ich diese Reise gemacht habe, und meinen Begleitern sehr, sehr dankbar: Sie haben sich so viel Mühe gegeben.“ Die Erinnerung daran bewegt den betagten Bewohner des Hauses Emmaus des evangelischen Diakonissenmutterhauses Bremen in Gröpelingen, tut seiner Seele einfach gut.

„Ich habe alles wiedererkannt“, erzählt er mit freudiger Stimme. Nicht nur den Friedhof und Gärtner. Auch den Platz an der Flensburger Förde, an dem seine drei ehrenamtlichen Begleiter Hildegard Vogelsang, Palliativ Care-Pflegefachkraft Manuela Nedjari und Björn Klein als Arzt mit ihm auf der kleinen Rundreise durch die alte Heimat anschließend noch haltgemacht haben. „Wir haben vorher Kaffee getrunken auf dem Hof des Friedhofsgärtners, seine Frau hat uns gut versorgt“, kommt Klaus-Dieter Jordt als nächste schöne Station in den Sinn.

Energieschub beim letzten Tagesausflug des Lebens
Der 90-Jährige ist durch seine unheilbare Krebserkrankung sehr geschwächt und auf den Rollstuhl angewiesen. Die insgesamt fast siebenstündige Fahrtzeit und der Aufenthalt in Glücksburg dürften den Palliativpatienten an die Grenze seiner Kraft gebracht haben. Doch Jordt scheint den letzten Tagesausflug in seinem Leben als Energieschub zu empfinden. „Das war für mich gar nicht anstrengend, da habe ich körperlich nichts gespürt“, versichert der offenherzige Bremer, der sich nun unglaublich auf die Fotos von Hildegard Vogelsang freut.

Der Tagesausflug hat die empathische Sterbebegleiterin aus Oslebshausen selbst „wahnsinnig beeindruckt“. Manuela Nedjari und Björn Klein hätten die Wünschewagenfahrt einfühlsam und professionell begleitet, sich vorbildlich um Klaus-Dieter Jordt gekümmert, lobt Hildegard Vogelsang die Betreuung durch die examinierten Fachkräfte aus dem Pflege- und dem Medizinbereich. „Sie waren sehr aufmerksam und haben alles möglich gemacht“, sagt sie überglücklich. Nach dieser bereichernden Erfahrung möchte sie Palliativpatienten und ihren Angehörigen nur dazu raten, dieses kostenlose Angebot des ASB zu nutzen.

Klaus-Dieter Jordt vor der Abreise nach Glücksburg. Mit ihm unterwegs waren Dr. Björn Klein, Manuela Nedjari (v.l.) und Hildegard Vogelsang.

Foto: Frank Thomas Koch

Sie habe den sterbenskranken Bewohner im Haus Emmaus kennengelernt, in dem damals auch ihre Mutter lebte, berichtet Hildegard Vogelsang. Auf die Bitte der Heimleitung hin, hat die Ehrenamtliche Kontakt zum Ehepaar Jordt aufgenommen, das keine Angehörigen mehr hat. Schnell habe sich zu Klaus-Dieter Jordt ein vertrauensvolles, nahezu freundschaftliches Verhältnis entwickelt, erzählt die warmherzige Samariterin. „Ich besuche ihn zweimal in der Woche, und wir telefonieren viel. Er freut sich so auf diese Kontakte, gerade in dieser Zeit.“„Ich hatte auf einer Tagung vom Wünschewagen gehört und war gleich begeistert“, erzählt Hildegard Vogelsang und erinnert sich an ihre Ausbildung zur Hospizlerin zurück. Seit ihrem Eintritt ins Rentenalter 2015 engagiert sie sich ehrenamtlich für den Hospizverein Bremen. Es hat gut vier Jahre gedauert, bis die Oslebshauserin dieses Projekt persönlich kennenlernen konnte, indem sie Klaus-Dieter Jordt in seiner letzten Lebensphase damit einen letzten Herzenswunsch erfüllen durfte. Diese Idee sei ein Geistesblitz gewesen, sagt sie. 

Begleiter werden vor Wünschewagenfahrt umfassend geschult 
Diesen Eindruck bestätigt Manuela Nedjari ohne Zögern. Für die gelernte Krankenschwester und Palliativ-Care-Fachkraft, die jahrelang in einer Pflegeeinrichtung gearbeitet hat, ist Hildegard Vogelsang wegen ihrer „so feinen, respektvollen und würdevollen Begleitung die Heldin des Tages“. Trotz der Nähe Distanz zu wahren, habe sie stark beeindruckt, sagt die Bassumerin. 

Für Manuela Nedjari, die sich seit 2019 für den Wünschewagen engagiert, war dies erst ihr zweiter Freiwilligeneinsatz für das ASB-Projekt. Die Fahrt sei medizinisch keine Herausforderung, ganz entspannt, unkompliziert und kurzweilig gewesen, urteilt sie angesichts des Austauschs mit Hildegard Vogelsang und Klaus-Dieter Jordt. „Der Gast war sehr sympathisch, sehr offen uns gegenüber und hat viel zugelassen“, resümiert die Pflegefachkraft.

Der Palliativbereich ist ihr Ding. Hauptberuflich ermittelt sie seit Jahresbeginn als Beraterin für gesundheitliche Vorausplanung zum Lebensende (GVL) Wünsche und Bedürfnisse von Menschen in der letzten Lebensphase. „Ich habe meine Berufung gefunden“, beteuert Nedjari. Von daher misst sie dem ASB-Projekt ebenfalls hohe Bedeutung bei: „Eine Wünschewagenfahrt ist immer etwas ganz Besonderes, weil man wirklich einen ganz emotionalen Moment eines Menschen, der am Ende seines Lebens steht, auffängt.“

Für die medizinische Betreuung von Klaus-Dieter Jordt war der Neurochirurg Björn Klein zuständig, der seine Praxis in Delmenhorst hat. Als ehemaliger Rettungssanitäter ist der ehrenamtliche Wunscherfüller mit dem Einsatz in einer rollenden Mini-Klinik vertraut. Auch für ihn war es die zweite Wünschewagen-Tour.

Trotz ihrer beruflichen Qualifikation haben Björn Klein und Manuela Nedjari vor ihrer ersten Wunschfahrt eine umfassende Schulung durchlaufen. Denn die Betreuung und Begleitung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase stelle hohe Anforderungen an alle Beteiligten, unterstreicht Bianca Großhans als Projektleiterin des ASB-Wünschewagens.

Weitere Informationen
Wer das Wünschewagen-Projekt unterstützen möchte, kann eine Spende auf das Konto des ASB Bremen bei der Bank für Sozialwirtschaft (BIC: BFSWDE33HAN) unter dem Stichwort Wünschewagen einzahlen. IBAN: DE58 2512 05 1000 0282 1900.

Mehr über das Projekt Wünschewagen erfahren sie hier.

Text: Ulrike Troue für den Weser-Kurier vom 6. April 2021

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